Die Erfahrungen von Julia Sommer

Portrait Julia Sommer ist zum Zeitpunkt des Interviews 61 Jahre alt und hat bereits fünf Reha-Aufenthalte und eine Kur hinter sich. Sie ist geschieden, hat zwei Kinder und vier Enkelkinder und arbeitet als Büroangestellte. Ihr erster Aufenthalt war eine Kur über ein Müttergenesungswerk. Die anderen fünf Reha-Aufenthalte mit verschiedenen medizinischen Schwerpunkten hat sie in persönlichen Krisenzeiten und bei starken körperlichen Beschwerden in den vergangenen 30 Jahren mit ihrem Hausarzt beantragt.

Julia Sommer schildert, dass sie schon lange unter Magen-Darm-Beschwerden litt, bis diese schließlich als Colitis Ulcerosa diagnostiziert wurden. Ferner berichtet sie von chronischen Rückenschmerzen, Adipositas und lange unentdeckter Depression. Ein Tinnitus mit Geräuschüberempfindlichkeit kam später hinzu. Aufgrund von psychisch oder körperlich belastenden Phasen hatte Julia Sommer immer wieder Aufenthalte in verschiedenen Rehakliniken, gezahlt von der Rentenversicherung, wobei ihr die Aufenthalte als wiederkehrende Regenerationsphasen dienten.

Aufgrund von Nervosität, Schlafstörungen und Magenbeschwerden trat sie ihre erste Rehabilitation mit dem Schwerpunkt Psychosomatik an. Sie beschreibt, dass sie zu diesem Zeitpunkt die Chancen der Psychosomatik nicht nutzen konnte und sich fehl am Platz fühlte, da sie beispielsweise den Sinn von Psychotherapien damals noch gar nicht verstanden hatte. Später konnte Julia Sommer die Vorzüge der Psychosomatik besser für sich erkennen und beschreibt, wie wichtig ihr auch die seelische Gesundheit und die Zusammenhänge von Körper und Psyche bei der Behandlung sind.

Insbesondere in der letzten Reha hatte sich Julia Sommer vorgenommen, sich nicht auf ihr Zimmer zurückzuziehen, sondern Kontakte zu knüpfen. Sie war sehr erfreut, dass dies auch klappte und sie die Kontakte heute noch hat. Nach der letzten Rehabilitation ist es ihr wichtig geworden, weiterhin regelmäßig den Reha-Sport zu besuchen, sich bewusster zu bewegen und mehr soziale Kontakte im Alltag zu pflegen. Allerdings berichtet sie auch, dass das Heimkommen in die eigene Wohnung für sie nach einer Reha schwer sei, und dass die Widrigkeiten des Alltags es schwierig machen, die gesteckten Ziele zu verfolgen und zu erreichen.

Julia Sommer erzählt, dass sie erst in der letzten Reha von Mitpatienten erfuhr, dass man eigentlich bei der Wahl der Klinik mitentscheiden kann. Darüber sei sie noch nie informiert worden. Es ging ihr allerdings auch immer so schlecht, dass sie froh war, überhaupt wegfahren zu können. Reha ist für Julia Sommer kein Urlaub, sie sieht die verschiedenen Therapien, Vorträge und Beratungen als Möglichkeit zu lernen und für sich etwas Wertvolles mitzunehmen. Jede Reha erlebte sie anders und versuchte immer, das Beste daraus zu machen.

Das Interview wurde im Winter Anfang des Jahres 2014 geführt.